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28.12.2011 00:51:08 
Tino Theer 
no brain - no pain
Bericht Erfurter Weihnachtsopen 2011
Dank des Surfsticks von Marco gibt es heute einen gut gelaunten Zwischenbericht aus Erfurt, gepaart mich schönen Grüße an die Heimat. Heute lief es unvorhergesehener Weise richtig rund. Die 2. Runde heute Morgen wurde mit 3,5 und die Nachmittagsrunde mit 3 aus 4 beendet. In der Auftaktrunde gestern Abend kamen wir immerhin, alle mit starken Gegnern, auf 2 Remisen.

Diese steuerten Uwe U. (fortlaufend als UU bezeichnet) und meine Wenigkeit bei. UU gegen Uwe Rößner (SpVgg Stetten, DWZ 1806), nach langem und zähem Kampf. Besonders schön, da Uwe vor Rundenbeginn irgendwie Null Bock auf Schach hatte und ihn noch die Gespenster aus Frankenheim plagten. Ich hatte es mit dem bekannten Daniel August (TSG Ruhla, DWZ 1805) zutun und wir ärgerten uns beide, dass wir gegen bekannte Leute gelost wurden. Durch eine Ungenauigkeit von Daniel konnte ich sein Spiel neutralisieren und der Friedensschluss fiel noch vor Vollendung der 4. Spielstunde. Erik hatte noch mehr Pech und kam gegen Christan Böhm (ehem. Ruhla jetzt Jenapharm, DWZ 1815), der ihn direkt mit einer unbekannten Eröffnungsbehandlung ansprang. Erik letztlich chancenlos und das bescherte ihm eine 3-stündige Wartezeit, bis schließlich auch Marco fertig war. Der hatte Oliver Zier (Bindlach-Aktionär, DWZ 2078) vor der Brust, musste dann irgendwie eine Figur geben, für einen gedeckten Freibauer und versäumte dann am, späten Abend, es war schon nach 23 Uhr die richtige Abwicklung und stand breit. Wie er mir berichtete, hörte er während der Partie häufig die Stimme von FM Hausknecht in seinem Kopf, als diese allerdings verstummte, kippte auch die Partie… Wenn schon Paranoid, dann wenigstens vom Hausi ^^

Joar heut Morgen bekam ich dann Uwe Rößner. Auch hier konnte ich eine Ungenauigkeit ausnutzen, übersah dann aber in beginnender Zeitnot die Abwicklung zum Gewinn – somit leider nur Remis und ich begann an meiner guten Form vom Vortag zu zweifeln. Erik punktete mehr oder weniger souverän gegen Julian Sonnberger (Dietmannsried, DWZ 1326) mit dem Königsgambit. Uwe spielte eine Partie ganz nach seine Geschmack und man sah im förmlich an, das er wieder richtig hungrig ist auf Schach – Tip Top! Sein Gegner Tobias Pfannenhauer (Kronacher SV, DWZ 1792) konnte seinen Fellen nur noch beim wegschwimmen zusehen. Marco ließ es sich nicht nehmen, in Runde 2 bereits eine Durftmarke zu setzen, die wohl allen Respekt abgenötigt hat. Gegen Andreas Zech (Eintracht Tangermünde, DWZ 2015) packte er allen Ernstes das Halloween-Gambit auf. Die Idee war auch einfach raffiniert, denn nach e4, e5, Sf3 und Sc6 dachte sich Marco, dass sich sein Gegner bei allen normalen Varianten besser auskennen werde. Kurzum, er hat gezeigt, dass auch ein 2000er nicht zwangsläufig dieses umstrittene Gambit wiederlegen kann. Seinen ersten Sieg im Meisterturnier so zu erringen ist schon richtig geil.

Runde 3 und Marco verblüffte uns noch mehr. Simon Commercon (Pirmasens, DWZ 2119) sollte sein Opfer werden und das muss man sich erst einmal vorstellen, würde Thomas Gottschalk sagen, wenn Marco Gegenstand von Wetten dass..? wäre… Im Caro-Kann wartete Marco erst Mal geschickt ab mit der Roachade, bis diese auch der Gegner tuen würde, um nicht in einen bösen Bauernsturm zu laufen. Diese Taktik war gold-richtig und bescherte ihm eine souveräne Stellung, die für Commercon absolut nicht zu halten war. Damit liegt Marco nun sogar vor dem thüringer Talent Franz Bräuer – ob das so bleibt??? Die Einsätze bitte! Über mich schreibe ich lieber ungern, denn so was von unverdient habe ich schon ewig nicht mehr gewonnen. Gnad Gunnar (Bonneweg, DWZ 1755) spiele 1. c4 ihhhh, irgendwie sind wir dann in so was Königindisches reingekommen und ich stand irgendwann positionell einfach breit und hatte schon ne Qualität weniger. Zudem war ich auch noch in Zeitnot und dann passierte das unglaubliche und mein Gegner stellt einzügig die Dame ein! Soviel Mehl hab ich nun wirklich nicht verdient, aber dem geschenkten Gaul… UU spielte wohl etwas wirr und baute sich seinen Turm ein, der dann auch irgendwie unglücklich abgerissen wurde. Gottfried Bronn (SG Leipzig, DWZ 1751) triumphierte somit souverän. Erik hatte eine extrem kranke Partie auf dem Brett, was allerdings an seinem Gegner lag, gegen Französisch ein Damenfianchetto nebst Dg4 wurde da gespielt. Erik zeigte aber, dass er im Training meist hell-wach ist und behandelte seine Position aktiv. An den kritischen Punkten fand sein Gegner Patrick Masius (Tempo Göttingen, DWZ 1770) nicht die stärksten Züge und opferte rigoros, was Erik schön wiederlegte. Klasse! Also wie ihr seht (Titelbild ^^) alles in Butter hier in Erfurt. Die Turnieratmosphäre ist grandios, es sind viele bekannte Gesichter hier und so gibt es absolut keine Langeweile. Die Stimmung in unserem Team ist spitze, so muss das sein und so is des auch a mords Gaudi.

Mittlerweile ist schon wieder fast eine Woche nach den jüngsten Ereignissen vergangen und ich fühle mich erstmals von der Muse geküsst um den Bericht über dieses schachliche Festival zu komplettieren. Nach Marco’s überzeugenden Auftakt wurde bei ihm in Runde 4 geklotzt und nicht mehr gekleckert, denn IM Eisenbeiser (BG Buchen, 2379) wartet an Brett 8! auf ihm. Zwischenzeitlich sah sogar Franz Bräuer Remischancen für unseren Psycho der dabei war die verkeilte Bauernstruktur abzuschließen. Dabei übersah er allerdings eine kleine Kombination mit Doppelangriff und ließ sich „der Ehre halber“ sogar das Matt zeigen. Erik bekam nun auch noch Daniel August (Ruhla, 1805) und spürte erneut die Angriffslust der „älteren Haudegen“ gegenüber der Jugend, die ihn auch dieses Mal leider noch in die Schranken wies. Uwe zauberte abermals eine atemberaubende Angriffspartie aufs Brett und brachte seinen Gegner Patrick Masius (Tempo Göttingen, DWZ 1770) in arge Bedrängnis. Leider fand UU keinen Weg in den Sieg und verlor irgendwie den Faden in der Partie. Schade. Dennoch wollen wir gerne mehr von diesem Schach sehen! :-). Ich bekam in Runde 4 Dr. Klaus Flemming, Doktor der Wirtschaftswissenschaften, aus Hannover (DWZ 1721), der mir verriet, dass er erst seit seiner Rente neuerlich wieder Schach spiele. Tja, ich muss mal wieder einsehen, dass ich mit Französisch noch nicht wirklich zurechtkomme und stehe irgendwie blöd. Dann verteidige ich mich gut, nutzte einen Fehler des Gegners aus und versäume dann die beste Fortsetzung. Ich lande also in einem Leichtfiguren Endspiel (Ich S, Er L) mit Minus-Freibauer und schaffe es das Ding tatsächlich zu halten. Man sagt mir erneut Glück nach, aber a) wenn der Gegner eben Endspiele nicht besser kann und b) wenn ich mich so gut Verteidigen kann, hat das nur was mit Können zu tuen :-). Außerdem rettete ich damit unsere Ehre und verhinderte ein 0 aus 4!!!

Die Hälfte ist geschafft – weiter geht es! Marco kommt in Runde 5 zu einem Remis gegen Wilfried Schröder (Wattenscheid, 2058) und zeigt uns damit erneut, dass er durchaus ins Meisterturnier gehört. Bravo! Auch Erik kommt schnell zu einer Punkteteilung, noch vor mir, gegen Wolfram Hille (SG Leipzig, 18003). Viel war da nicht passiert auf dem Brett, aber so ein Remis ist psychisch auch einfach mal unheimlich wichtig. UU durfte gar in Etage 1 Platz nehmen, da er gegen den körperlich gehandicapten Lutz Krajinski (Medizin Erfurt, 1611). Ich hatte am Montagabend bereits die Ehre diesem in seine Jacke zu helfen… Uwe spielte scheußlig, wie er sagt, drehte die Partie allerdings und kam zu einem vollen Punkt. Ich konfrontierte mich mit Stephan Berner (B-W Stadtilm, 1758) und erinnerte mich dunkel an eine Niederlage bei einer ThEM U16 2004. Stephan spielte eine harmlose Abwicklung im Italienischen und ich konnte bequem ausgleichen. Nach ca. 3h hieß es hier rien ne va plus – Remis. 2,5 aus 4. Schöne Runde!

Donnerstag. Nun wieder ohne Glückssakkos. Ich nur im Hemd bekleidet und Marco mit Weihnachtsmannmütze und „Genie-und-Wahnsinn-T-Shirt“. Na das konnte ja nur was werden. Bei Marco wurde es natürlich Nichts… Eine 0 durch einen Einsteller in einer total ausgeglichenen Partie gegen Jan Klippel (USG Chemnitz, 1977). Erik bekam den nächsten 1800er; Hilmar Schwarz (Eisenach, 1809) und wurde leider erneut zusammen geschoben. Daran hatte er allerdings auch die Hauptschuld, denn im Königsindisch ließ er sich einfach erdrücken ohne nennenswerte Gegenwehr. UU an diesem Morgen mit Pech, sag ich einfach mal, denn er hatte Matthias Buhring (SG Arnstadt-Stadtilm, 1976) gegenüber, welcher ein grottiges Turnier spielte. Leider wurde UU allerdings auch zum Wendepunkt und Buhring punktete nach souveränen Bauerngewinnen. So, nun hatte auch ich Patrick Masius vor mir sitzen. Ich entschied mich für 1. d4 nachdem ich die Partien von UU und Erik gesehen hatte. Colle-Zuckertort sollte es werden. Dann entschied ich mich für eine interessante Abwicklung, die mir zwar positionellen Nachteil brachte, aber ich wollte mir das mal so anschauen. Ich finde es allgemein sehr wichtig, die Positionen zu spielen, die man gerade möchte, auch wenn sie objektiv schlechter sind, denn nur so kann man Schach besser verstehen… Nun gut, was geschah? Beiderseitig akute Zeitnot, ca. 3min für 8 Züge und ich gewann das Blitzduell, in welchem mein Gegner „erneut“ die Dame einstellte. Ich sage nur: Nerven wie Stahlseile :-).

Vorschlussrunde. Marco natürlich wieder mit ner 0; Johannes Pfadenhauer (Kronach, 1981). Es darf auch gar nicht anders sein in so einem Aufzug… Im Trompowski wurde Marco einfach filetiert. Erik begeisterte mit einer schönen Angriffspartie gegen Johannes Mauch (Schott Jena, 1563) und einem sehr verdienten vollen Punkt. Uwe R. unterlag jüngst noch in Apolda dem Schachfreund Mauch, aber das nur nebenbei ;-). UU mit Oh-Oh. Mal wieder eine Niederlage… dieses Mal gegen Ulrich Zalewski (Gießen, 1649) und damit sank verständlicher Weise auch seine Motivation gen Keller. Tja und Ich? Na sagen wir mal so: Ich spielte die Partie meines Lebens…

Alina Zahn. Meine dritte 1800 in diesem Turnier, 1805 um genau zu sein. Sie ist eines der absoluten Thüringer Jugendtalente und somit doppelt gefährlich. Bei der DEM 2011 u14w wurde sie 6.! In der Vormittagsrunde remisierte sie mehr oder minder kampflos gegen ihre Trainingskollegin Bianca Schätz und war damit natürlich top-ausgeruht. 3 Vögel, deren Namen hier aus Diskretion nicht genannt werden können, zwitscherten mir, dass sie von GM Thomas Pähtz vorbereitet wird, sich nur in Theorievarianten wohlfühlt und im Endspiel schwächen habe. Allein schon sich mit einem GM auf mich vorzubereiten erschien mir mehr als absurd :-). Seltsamer Weise hatte ich am Vortag einen kurzen Blickkontakt mit GM Pähtz, vielleicht ahnte dieser da schon was, wer weiß… Ich fragte mich auch, wo dieser denn groß was über mich erfahren haben will… Jedenfalls ahnte ich (mit Weiß), dass wohl Italienisch aufs Brett kommen würde. Vorbereiten konnte und wollte ich mich nicht, wir waren ja schließlich nicht mehr in der Unterkunft und es lief bei mir so gut, dass ich völlig unbeschwert an die Partie gehen wollte. Wir blitzten also erst Mal die ersten Züge runter, was uns einige Zuschauer bescherte. Nach Lxc3, d5 kam Lf6, womit ich klar gerechnet habe. Ich erinnerte mich, dass das Ganze in ein ausgeglichenes Endspiel führt, aber den genauen Weg wusste ich nicht mehr. Nach h6 spielte ich Dh5 und verließ damit unwissentlich die Theorie. Dies zwang mich dann zu einem Springeropfer gegen 2 Bauer, um wenigstens die Initiative zu behalten. Die Partie befand sich auf Messers-Schneide und es entwickelte sich ein schwerster positioneller Kampf, da ihr König von keinem Bauer mehr geschützt war. Ich gewann dann mit viel Geschick die Figur zurück und das Endspiel war vermutlich Remis, allerdings patzte Alina in der Zeitnot und wurde Matt. Was für eine Partie. Inkorrekt geopfert, das Ding gehalten und dann noch gewonnen. Wer mir da noch Glück nachsagen will…

Schlussrunde. Marco beschloss das Turnier positiv zu beenden und schob Matthias Schmidt (TSG Apolda, 1969) sehr souverän zusammen. Prima! Erik bekam nun auch Dr. Klaus Flemming und geriet in eine schwierige Stellung, in der sein Gegner die einzige Offene Linie kontrollierte. Dr. Flemming zeigt dann sehr zielsicher, dass er weiß, wie man so etwas gewinnt. Schade für Erik. UU fand leider nicht mehr zurück ins Turnier und strich auch am Ende erneut eine 0 ein, gegen Manfred Wetterling (Blankenburg, 1513). Auch ich durfte endlich Mal verlieren. Mittlerweile saß ich an Brett 4! was ich mir niemals erträumt hätte! Wolf Machowitsch (SC Nied, 1860) war mein Gegner und mir war klar, dass mein Ziel Remis hier nicht einfach wird. Ich spielte Slawisch, kam dann doch gut aus der Eröffnung und Wolf schlug mit seinem Springer auf d5 ein. Wie sich später herausstellte, ging das Opfer zwar 2 Züge vorher, aber jetzt nicht mehr. Ich sah jedenfalls die Widerlegung nicht und stand mit einem Bauer weniger da. Nachdem Wolf all meine Initiative beendete, kapitulierte ich.

Turniersieger im Hauptturnier wurde schließlich der an 1 gesetzte Thomas Nowak (BSG G-W Leipzig). Sehr stark war auch die Performance von Christan Böhm – 2.!!! und Daniel August – 5.! Glückwunsch! Ich wurde 13ter! und das obwohl ich an 53. gesetzt war. Dieses neue „Turnier meines Lebens“ brachte mir ein DWZ-Plus von 103 Punkten! durch eine Performance von 1870! Wahnsinn! Nun muss Uwe R. schon meinen Atem in seinem Nacken spüren :-D. Erik landete auf Platz 47, also da wo er auch gestartet ist, allerdings nun mit 35 DWZ Punkten mehr und damit wieder über 1600. Sehr schön! Erik ist und bleibt ein Spitzentalent für uns und das hat er erneu bewiesen. Es macht einfach unglaublich viel Spass mit ihm zu trainieren und zu spielen. Seine leicht durchgeknallte Art zeigt zudem, dass er eine gute Anlage für einen guten Schachspieler hat ^^. Ja und sein Vater spezialisiert sich auf Schach mit hohem unterhaltungswert. Sehr schöne und riskante Angriffspartien bescherten ihm zwar kein erfolgreiches Turnier, uns aber jede Menge Spass! Marco überzeugt ebenso wie ich. Mit Platz 46 (an 70 gesetzt) übertraf er sicherlich alle Erwartungen. Wenn er jetzt noch endlich mal solider spielen würde, ist die 2000 nicht mehr weit entfernt. Go Marco, Go!

Fazit: WIR SIND EIN GEILER (WERRA)HAUFEN!

P.S.: Es folgen demnächst noch links unter Schachpartien einige Schmankerl aus Erfurt

Titelbild: Der wahnsinnige Erik

Bilder unten v.l.n.r.: (1) Uwe onboard (2) Marco beim Halloween (3) Marco „erklärt“ Schach (4) Analyse mit UU und Marco (5) Erfurt ohne Schnee (6) Eine Aussicht für die Schachgöttin (7) Erik gegen Johannes Mauch (8) Erik onboard (9) Erik liest ein englisches Buch! (10) Marco gegen IM Eisenbeiser (11) Uwe gegen Masius (12) Hauptturnier vorderer Raum, vorne links mein Brett mit Patrick Masius (13) Christan Böhm an Brett 1 gegen Schwartl


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


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